Impressionen von einem Besuch in Doorn.
Am 5. Oktober 2024 fand endlich der lang ersehnte Besuch im Museum Haus Doorn statt. Aufgrund mehrerer krankheitsbedingter Absagen konnten ein Kamerad aus dem IV. Ak.-Bezirk und seine Frau die Möglichkeit zur Mitfahrt nutzen, sodaß wir insgesamt zu neunt am Ausflug teilnahmen. Am Samstagmorgen startete bei herbstlichem Kaiserwetter ein Teil der Kameraden nach Holland, um rechtzeitig zur geplanten Führung vor Ort zu sein.
Obwohl der VIII. Ak.-Bezirk an die Niederlande grenzt, hatte mancher Kamerad eine Anfahrt von fast 300 km auf sich genommen. Die Fahrt auf den holländischen Autobahnen und Straßen gestaltete sich ohne die bei uns üblichen Schlaglöcher und bei einer Höchstgeschwindigkeit von nur 100 km/h sehr entspannt. Das Haus Doorn liegt idyllisch in einem großen Park und ist von einem Wassergraben mit Seerosen und Wasservögeln umgeben. Kurz nach Mittag fand die deutschsprachige Führung durch das Museum statt. Die Gästeführer hatten viel Interessantes zu erzählen und begannen die Führung im Empfangszimmer im Erdgeschoß. Nach dem Umsturz 1918 entschied sich Kaiser Wilhelm II., mit seinem Hofstaat in die damals neutrale Niederlande zu gehen. Die Einreise wurde ihm und seinem 40-köpfigen Hofstaat durch die niederländische Regierung gestattet. Er mietete sich zuerst zusammen mit seinem Hofstaat für ca. 1,5 Jahre auf Schloß Amerongen ein. Danach erwarb er ein Anwesen im benachbarten Doorn, wo er von 1920 bis zu seinem Tod 1941 lebte. Um das neue Haus für seine Familie und seinen Hofstaat auszustatten, ließ er in 64 Güterwaggons Einrichtungsgegenstände aus drei Berliner Schlösser nach Doorn transportieren. Wilhelm II. war bei der holländischen Bevölkerung beliebt. Er kümmerte sich u. a. selbst um die Parkanlage, hackte Holz und förderte zusammen mit seiner Gemahlin Viktoria Augusta soziale Projekte zugunsten der örtlichen Bevölkerung. Wilhelm war ein fürsorglicher und guter Arbeitgeber. Er behandelte und bezahlte sein Personal gut. Es wurde ein Drei-Gänge-Menü gekocht, welches für die Kaiserfamilie und die Bediensteten gleichermaßen gedacht war. 1921 verstarb die schon länger erkrankte Kaiserin Viktoria Auguste. 1922 heiratete Kaiser Wilhelm II. Hermine Prinzessin Reuß älterer Linie. Die Beliebtheit Wilhelms in der holländischen Bevölkerung schlug aufgrund des zweiten Waffengangs 1940 um. So durfte er sich nur noch in einem Radius von 15 km um Doorn bewegen. Längere Strecken mußte er sich genehmigen lassen, was ihm aber bewilligt wurde. Wilhelm II. verstarb 1941 vermutlich an einer Lungenembolie und wurde im Mausoleum neben dem Haus beigesetzt. Das kupferne Kreuz auf dem Dach des Mausoleums wurde, da kriegsbedingt keine anderen Materialien zur Verfügung standen, aus drei eingeschmolzenen Kupferbratpfannen aus der Küche hergestellt. Kaiser Wilhelm, der lange Zeit die Hoffnung auf eine Rückkehr auf den Thron nicht aufgegeben hatte, hatte testamentarisch verfügt, daß er nach Wiederherstellung der Monarchie in Preußen nach Berlin überführt werden und das Haus Doorn nach seinem Tod ein Museum werden soll. Ein Teil seines Hofstaates übernahm dementsprechend die Führung des Museums Haus Doorn. 1945 wurde das Anwesen enteignet und ging in das Eigentum der Niederlande über. Das Haus sollte abgerissen werden. Nur die Einwände des Bürgermeisters von Doorn, mit dem Wilhelm ein freundschaftliches Verhältnis pflegte, verhinderten den Abriß.
So ist Haus Doorn bis zum heutigen Tag ein Museum und wird hauptsächlich von Ehrenamtlichen geführt. Jedes Jahr besuchen ca. 50.000 Menschen das Museum; 10 % der Besucher kommen aus dem Ausland, davon in erster Linie aus Deutschland. Es ist traurig zu sehen, daß vonseiten der Holländer wesentlich mehr Interesse an der Geschichte und Kaiser Wilhelm II. besteht als von deutscher Seite. So besuchen viele holländische Schulklassen das Museum, während es aus Deutschland in erster Linie die ältere Generation ist. Haus Doorn zeigt aber auch, daß das Ausland genau weiß, daß die Deutschen nicht den Krieg begonnen haben. Auf der Netzseite heißt es dazu: „Österreich-Ungarn hielt Serbien für verantwortlich und erklärte einige Wochen darauf diesem Lande den Krieg. Anschließend mischte Russland sich ein und rief die allgemeine Mobilisation aus, worauf Deutschland, unter Anführung des Kaisers Wilhelm II., mobilisierte“.
Sämtliche Einrichtungsgegenstände im gesamten Haus sind original erhalten. Für Kaiser Wilhelm und seine männlichen Gäste stand ein doch etwas dunkles Raucherzimmer zur Verfügung. Die Damen unterhielten sich in einem hellen und freundlichen „Frauenzimmer“. So ging es nach und nach durch die Räume im Erdgeschoß, die in erster Linie dem Besucherempfang galten. Im ersten Stock befanden sich die Privaträume des Kaiserpaares. Zusätzlich zu einem gemeinsamen Schlafzimmer stand Wilhelm noch ein Ruhezimmer zur Verfügung, in dem er auch starb. Seine Gemahlin Viktoria Auguste verstarb ebenfalls in ihrem Ruhezimmer. Da Wilhelm nicht wollte, daß seine zweite Frau Hermine sich auch im Ruhezimmer seiner verstorbenen ersten Frau aufhielt, erhielt Hermine ein eigenes Ruhezimmer. Kaiser und Kaiserin hatten jeweils ihr eigenes Badezimmer. Das Haus war insgesamt für die damalige Zeit modern ausgestattet mit Elektrizität, Zentralheizung, Sprinkleranlage, Badewanne, fließendem kalten und − ab den 30er Jahren − warmen Wasser. Es gab einen Aufzug extra für die im Rollstuhl sitzende Viktoria Auguste. Zu den Privaträumen gehörte auch ein großer Speisesaal für Empfänge und ein Arbeitszimmer für den Kaiser. Da Wilhelm aufgrund eines Geburtsfehlers einen verkürzten und gelähmten linken Arm zurückbehielt und daher nicht mit Messer und Gabel essen konnte, wurde für ihn eine Spezialgabel entwickelt. Der linke Zinken der Gabel war verbreitert, sodaß er mit der Gabel auch schneiden konnte. In der Küche wurde mit Töpfen und Pfannen aus Kupfer gekocht. Neben der Küche befindet sich der erste gasbetriebene Kühlschrank. Im gesamten Haus finden sich noch heute Bücherregale, vor allem mit Büchern über Preußen und seine Gesetze.
Nach der 1,5 stündigen Hausführung machten wir einen kleinen Spaziergang zum Mausoleum. Durch die Butzenscheiben konnten wir leider nur einen kleinen Blick ins Innere werfen. Zu sehen war der mit der preußischen Fahne bedeckte Sarkophag des Kaisers, daneben an beiden Seiten jeweils ein Kerzenständer samt Kerze und Blumengestecke vor dem Sarg auf dem Boden. Da der Kamerad aus dem IV. Ak.-Bezirk einen Tiktok-Zugang hat, konnte er eine Direktschaltung zur gleichzeitig laufenden Samstagnachmittagübertragung des ewigen Bundes herstellen und über den Besuch in Doorn berichten. Nach einem weiteren Spaziergang in der Parkanlage saßen wir bei strahlendem Sonnenschein zu einem gemütlichen Kaffeetrinken auf der Terrasse in der angrenzenden Orangerie zusammen. Nachdem die Sonne langsam unterging und es kühler wurde, ging die Fahrt zurück ins Hotel, ein Seminarhotel mitten im Wald gelegen. Inzwischen waren auch die letzten Kameraden eingetroffen, sodaß sich die nun vollständige Reisegruppe zu einem gemeinsamen Abendessen aufmachte. Es gab über den erlebnisreichen Tag viel zu erzählen. Da es ein langer Tag war, gingen manche von uns nach dem Abendessen zu Bette, der andere Teil ließ den Abend noch in der Bar ausklingen. Am nächsten Morgen stärkten wir uns bei einem gemeinsamen Frühstück. Danach erfolgte noch einmal die kurze Autofahrt zum Haus Doorn. Diesmal ging es zu einer Führung durch den Dachboden und die Mansardenzimmer, wo u. a. Umzugskisten aus Holz, das Silberbesteck und die unterschiedlichen Uniformen Kaiser Wilhelms gelagert sind. Dorthin gelangt man über eine schmale eiserne Wendeltreppe, die im Berliner Stadtschloß aus- und in Doorn wieder eingebaut wurde. Im Anschluß daran saßen wir nochmal in der Orangerie auf der Terrasse zum Kaffee zusammen. An diesem Sonntag war das Wetter leider nicht mehr so hold wie am Vortag, leicht bewölkt und etwas frisch und windig. Da der Kamerad aus dem IV. Ak.-Bezirk die weiteste Anreise hatte, brachen er und seine Frau auch als erste auf. Wir anderen blieben noch etwas sitzen. Vor der Heimfahrt wurde am Mausoleum noch eine Kerze mit dem Ewiger-Bund-Signet aufgestellt.
Diese beiden Besuchstage im Museum Haus Doorn waren für uns nicht nur ein ganz besonderes Erlebnis, sondern auch ein voll und ganz gelungener Ausflug. Dies wird bestimmt auch nicht der letzte Besuch dort bleiben. All die neuen Erkenntnisse und Eindrücke werden uns noch lange in Erinnerung bleiben. Laßt uns dafür sorgen, daß Kaiser Wilhelm II. „aus fremder Erde“ baldigst nach Hause zurückkehren kann.