Ludwig von der Tann-Rathsamhausen – Ruhm- und sieggekrönter bayerischer Heerführer.

Bei einem der letztjährigen Hilfsdiensttreffen in München sind Hilfsdienstkräfte bei ihrer Anreise durch die dortige Von-der-Tann-Straße gefahren. Der Name "von der Tann" war uns schon des öfteren bei den Kriegsanordnungen des stellvertretenden Generalkommandos I. Bayerischer Armeekorps im Stande 1. März 1918 vorgekommen. Nahezu alle Bekanntmachungen sind mit der Abschlußformel "Der Kommandierende General: von der Tann" ausgewiesen. Luitpold Freiherr von der Tann-Rathsamhausen, geboren 1847 in München, war ein bayerischer General der Infanterie. Vom 2. August 1914 bis zum 3. September 1918 fungierte er als Kommandierender General des stellvertretenden Generalkommandos des I. Armeekorps in München.
Nun waren wir fest in der Annahme, daß die "Von-der-Tann-Straße" in München nach ihm benannt wurde. Jedoch haben unsere Recherchen anderes ergeben, und zwar, daß die Straße nicht nach Luitpold, sondern nach Ludwig von der Tann-Rathsamhausen, geboren 1815 in Darmstadt, benannt wurde.

Auch er war bayerischer General der Infanterie. Inwieweit Luitpold und Ludwig miteinander verwandt waren, konnte nicht abschließend geklärt werden. Ludwig von der Tann-Rathsamhausen ging als ruhm- und sieggekrönter bayerischen Heerführer in die Geschichte ein. Alle Stationen seines einflußreichen Wirkens können im Rahmen dieses Artikels nicht betrachtet werden. Deshalb wollen wir uns auf jene mit bayerischem Bezug beschränken.

Ludwig von der Tann wurde am 18. Juni 1815 zu Darmstadt im Hause seines Großvaters, des Regierungspräsidenten Freiherrn von Rathsamhausen, dessen älteste Tochter Tanns Mutter war, geboren. Durch königlichen Erlaß vom 21. Mai 1868 wurde der aus der Verheiratung seiner beiden Töchter mit zwei Brüdern von der Tann hervorgegangenen Nachkommenschaft gestattet, den Namen Rathsamhausen dem ihrigen hinzuzufügen.

Im Jahr 1845 erfolgte seine Ernennung zum Adjutanten des Kronprinzen, nachmaligen Königs Maximilian II. Josef. Am 31. März 1848 ward er zum Major und zum königlichen Flügeladjutanten ernannt.

Seines königlichen Freundes Nachfolger, König Ludwig II., brachte ihm das gleiche Vertrauen entgegen, welches sein Vater Tann geschenkt hatte. Er ernannte Tann zu seinem Generaladjutanten und entsandte ihn an die norddeutschen Höfe um den Thronwechsel anzuzeigen. Bei dieser Gelegenheit gab ihm König Wilhelm von Preußen die Chance, dem Sturme auf die Düppeler Höhen am 18. April 1864 als Zuschauer beizuwohnen.

Am 28. April 1867 verlieh König Ludwig II. ihm die Inhaberschaft des
11. Infanterieregiments, 1869 ernannte er ihn zum General der Infanterie und zum kommandierenden General des ersten Armeekorps, Garnison München. An dessen Spitze kämpfte er 1870 während des Krieges gegen Frankreich unter anderem in der Schlacht von Sedan. Am 16. Juni 1871 nahm Tann am Einzuge der Truppen in Berlin teil, einen Monat später rückte er an der Spitze seines Armeekorps in München ein. Er war der Held des Tages. Die Stadt München ernannte ihn zu ihrem Ehrenbürger und benannte die Straße, in welcher er viele Jahre gewohnt hatte, mit seinem Namen, die Universität verlieh ihm die Doktorwürde.
Für seine umsichtige und energische Kommandoführung erhielt er das Kommandeurkreuz des Militär-Max-Joseph-Ordens. Jenes Kommandeur- und später das Großkreuz des Militär-Max-Josef- und das Großkreuz des Bayerischen Militär-Verdienst-Ordens, das Eiserne Kreuz 2. und 1. Kl. und der preußische Orden pour le mérite waren die namhaftesten der Ordensauszeichnungen, welche seinem Verdienste Rechnung trugen. 1871 wurde ihm vom Komponisten Andreas Hager ein Militärmarsch, der Von-der-Tann-Marsch, gewidmet.

Nach seinem Tod im Jahre 1881 wurde von verschiedensten Stellen seinem Gedenken Lob gespendet und Anerkennung gezollt, wie aus den folgenden Zitaten eindrucksvoll hervorgeht:

„Mit v. d. T. ist einer der glänzendsten und populärsten Heerführer aus der deutschen und bayrischen Armee geschieden. Von persönlich, ritterlicher Erscheinung und edelem vornehmem Wesen, war jede kleinliche Eigenschaft ihm ferne geblieben. Als Mensch wie als Soldat war sein eifriges Streben stets nur auf höhere Ziele gerichtet."

"Nur wenige Menschen sind mir begegnet, die in so hohem Grade wie v. d. Tann schon auf den ersten Blick den Eindruck machten, als ob alle ihre Gaben und Kräfte, ihr Wollen und Können in einem Gleichgewichte ständen, das so leicht nicht zu erschüttern wäre.“

„Sein seltener Muth elektrisirte uns alle so, daß auch uns die Furcht vor den Kugeln verging.“

Seine letzte Ruhe hat er auf dem Alten Nordfriedhof in München gefunden. Das Fort 3 bei Ingolstadt, welches seit 1884 „Fort von der Tann“ heißt, hält die Erinnerung an den ruhm- und sieggekrönten bayerischen Heerführer wach. Ihm zu Ehren wurde auch ein großer Kreuzer der Kaiserlichen Marine, die S.M.S. von der Tann, nach ihm benannt. Der Stapellauf des Schiffs war im Jahre 1909 und knapp zwei Jahre später wurde es in Dienst gestellt.

Quellen:

Othmar Hackl: Die Bayerische Kriegsakademie (1867–1914). C.H. Beck’sche Verlagsbuchhandlung, München 1989, S. 588.

Allgemeine deutsche Biographie, Bd.: 37, Sturm (Sturmi) - Thiemo, Leipzig, 1894

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